Die Westruper Heide ist immer einen Besuch wert – selbst im Schneetreiben. Eigentlich hatte ich bei dem plötzlichen Wintereinbruch mit mehr Schnee gerechnet, um meine Lieblingsbäume einmal in weiß zu erleben. Aber auch so ergaben sich schöne Fotomotive.
Brennerei Eversbusch in Hagen: Wo die Wacholderbeeren flüssig werden
Weit verbreitet war früher der Wacholder. Ebenso gab es eine große Zahl von Brennereien, die seine Beeren nutzten, um Wacholder-Spirituosen zu brennen. Eine von ihnen war und ist das über 240 Jahre alte Familienunternehmen August Eversbusch Brennerei in Hagen-Haspe.
Nachdem ich mich nach Besuchen in der Westruper Heide mit dem Wunderbaum Wacholder (zu meinem Beitrag klicke hier) beschäftigt habe, stellte ich mir die Frage, wo denn heute noch Wacholderschnaps gebrannt wird. Eine dieser Brennereien steht in Hagen-Haspe. Die Geschwister Everbusch haben mir und einem Freund die Möglichkeit eingeräumt, die Brennerei zu besichtigen, dort zu fotografieren und haben unsere Fragen beantwortet.
Über 200 Jahre an gleichen Ort …
Gegründet wurde das heute in sechster Generation von den Geschwistern Christoph und Peter Eversbusch geführte Unternehmen im Jahr 1780. Seit 1817 wird der Eversbusch-Doppelwachholder gebrannt, bis 1906 wurde auch Bier gebraut.
Gebrannt wird seit 1817 am gleichen Ort an der früheren Chaussee Cölln-Berlin ( hete Berliner Straße). Dort wurde 1795 das heute „Wachholderhäuschen“ genannte Gebäude als Wohnhaus einer Familie Schröder gebaut. Nach der Hochzeit von Peter Christoph Eversbusch und Caroline Schröder im Jahr 1817 wurde es zum Stammhaus der Familie Eversbusch und im gleichen Jahr wurde auf dem zugehörigen Grundstück die erste Wachholderbrennerei errichtet. Seit diesem Zeitpunkt wurde das Wachholderhäuschen ununterbrochen als Gasttätte betrieben. Bis 1911 noch von der Familie Eversbusch, seitdem war das Wachholderhäuschen nur noch als Gaststätte verpachtet, die seit kurzem leider geschlossen ist.
Seit 2009 steht der gesamte Gebäudekomplex unter Denkmalschutz und gehört jetzt auch zur Themenroute „Brot, Korn und Bier“ der Route der Industriekultur. Mehr Informationen zur Produktion finden sich auf dem Internet-Rundgang durch die Brennerei.
… und nach gleicher Rezeptur
Seit 1817 wird der 46prozentige Eversbusch-Doppelwacholder nach gleicher Rezeptur gebrannt. Und nicht nur das. Im gleichen Jahr entstand auch eines der Herzstücke der Doppelwachholder-Produktion, die heute noch genutzte, handgenietete Wacholder-Destillierblase. Auch die Tonflasche für den 46prozentigen Doppelwacholder ist seit über 100 Jahren unverändert und die Wacholderbeeren kommen seit mehreren Generationen vom gleichen Zulieferer, der sie in der Toskana beschafft.
Doppelwachholder, Genever und Gin
Wacholderspirituosen sind unter verschiedenen Namen bekannt. Ihnen gemeinsam ist, dass sie ein „Gemisch“ aus Getreideschnaps, Wacholderbeeren und verschiedenen Kräutern (heute Botanicals genannt) sind. Alle werden mit verschiedenen Zutaten und durchaus unterschiedlichen Herstellungsmethoden gebrannt.
In Holland und Belgien entwickelte sich der Genever (Jenever ist niederländisch für Wacholder). Von dort trat er unter dem verballhornten Namen Gin den Siegeszug in Großbritannien an.
Ob der Wacholderschnaps sich in Deutschland eigenständig entwickelte oder auch aus Holland seinen Weg zu uns fand, dürfte von der Region abhängen.
Dafür spricht auch die Geschichte des „Steinhäger„, benannt nach seinem Ursprungsort Steinhagen. Dort soll dieser Wacholderschnaps bereits Ende des 17. Jahrhunderts als Genussmittel gegolten haben – wie in anderen Teilen Ostfrieslands und Westfalens auch.(1)
Im Fall des Doppelwacholders aus Hagen-Haspe soll der Ursprung jedoch in unserem Nachbarland liegen. Einer der Eversbusch-Vorfahren, der als Soldat in den Niederlanden eingesetzt war, soll die Wacholderrezepturen mit nach Hagen gebracht haben.(2)
Wie schon gesagt, die Herstellung von Wacholder-Spirituosen ist sehr unterschiedlich. Einige Einzelheiten werden in der europäischen Spirituosenverordnung geregelt. Für Wacholderschnaps ist ein Mindestalkohol von 30% vorgesehen, für den Doppelwacholder ein Mindestgehalt von 37,8%. Für den Gin gibt es weitere Vorgaben. Der Everbusch-Doppelwachholder entspricht mit seiner Herstellungsweise und Prozentgehalt auch den Vorgaben für den London Dry Gin und dürfte deshalb auch als Gin verkauft werden.
Eversbusch: Mehr als Doppelwachholder
Heute kommen aus der Eversbusch-Brennerei mehr Produkte als der in Hagen „Hasper Maggi“ genannte 46prozentige Doppelwachholder. Es gibt höherprozentige Wacholderschnäpse und einen Korn-Anisette.
Aber auch für diejenigen, die nicht so Hochprozentiges mögen, gibt es Angebote. So gibt es einen Wermuth-Cocktail und mit Wacholder gefüllte Zartbitterschokolade. Auch findet das Hasper-Produkt in einem in Hamburg produzierten Negroni Verwendung – einem Cocktail mit bitter-süßem Geschmack.
Hiermit geht unser Besuch in der Brennerei Eversbusch fast zu Ende – denn es folgen noch einige Fotoimpressionen, die bei unserem Besuch entstanden sind.
Fotoimpressionen aus der Eversbusch-Brennerei
Links zur August Eversbusch Brennerei auf Facebook und auf Instagram
(1) https://www.eyeforspirits.com/2013/03/25/steinhaeger-deutschlands-ur-wacholder-destillat/
(2) https://www.markaner.com/brennerei-eversbusch
Heinrich Heine, Deutschland. Ein Wintermärchen – caput IX
Wacholder – Der Wunderbaum in der Heide
Der Wacholder – faszinierend, aber oft „übersehen“. Zumindest mir ging es bei meinen häufigen Besuchen der Westruper Heide so. Ich hatte vor allem die blühende Heide im Blick. Dies hat sich dieses Jahr geändert – und ich möchte Euch daran teilhaben lassen.
Auf dem Weg in die Heide musste ich mich immer wieder durch stachelige Büsche mit blauen und grünen Beeren schlängeln – durch den Wacholder. Mit wachsendem Interesse an Makroaufnahmen begann ich die Wacholderbeeren zu fotografieren. Dabei blieb es nicht. Ich begann, mich intersiver mit dem Wacholder zu beschäftigen. Zumindest den Namen dieser Pflanze wusste ich, nicht aber, dass es in verschiedenen Teilen Deutschlands mehr als 150 unterschiedliche Bezeichnungen für diesen Baume gibt. (Zu weiterführenden Links hier klicken)
Beeren, die keine sind
Schon die „Wacholderbeeren“ sind etwas Ungewöhnliches. Erstens sind sie keine Beeren, sondern Zapfen. Denn der Gemeine oder Heide-Wacholder (Juniperus communis) ist eine Zypressenart und gehört damit zu den Nadelbäumen.
Auch stammen die an einem Baum wachsenden grünen und blauen Beeren nicht aus einem Jahr, denn sie benötigen zwei bis drei Jahre um zu reifen. Erst dann können sie für die menschliche Verwertung genutzt werden.
Wacholder – Baum des Jahres 2002
Mich fasziniert am Heide-Wacholder besonders folgendes (weiterführende Links siehe am Ende des Artikels).
– Er wird bis zu 800 Jahre alt.
– Er wächst sehr langsam (1 m in 10 Jahren) als Bodengewächs oder erreicht eine Höhe von 13 bis 18 Metern.
– Er ist zweihäusig, d.h. eine Fortpflanzung erfordert einen männlichen und einen weiblichen Baum, die Befruchtung erfolgt durch den Wind.
-Er ist genügsam, braucht viel Licht und freies Feld..
Weitverbreitet, bedroht und unter Naturschutz
Der Wacholder ist weit verbreitet, dennoch finden wir ihn immer seltener. In einem ARD-Fernsehbeitrag wird sogar die Frage gestellt, ob er vom Aussterben bedroht ist.
In der Tat hat der Wacholder auch den Weg in die „Rote Liste“ gefährdeter Pflanzen in die Kategorie „Vorwarnstufe“ gefunden. Diese bedeutet, dass der Bestand merklich zurückgegangen, aber noch nicht gefährdet ist. Eine solche Einstufung sei aber bei unveränderter Entwicklung wahrscheinlich. Aus diesem Grund steht der Wacholder auch schon seit Jahren unter Naturschutz.
Wacholder – Jahrhundertealte Heilpflanze
Im Titel dieses Beitrags ist vom Wacholder als Wunderbaum die Rede. Und das ist er in der Tat. Seine Nutzung als Heilpflanze ist schon seit 1.500 v. Chr. überliefert (siehe Wikepedia). Er galt lange Zeit als Allheilmittel und wird heute noch wegen seiner harntreibenden und appetitanregenden Wirkung genutzt. Und auf dem Markt gibt es Kräutercremes, Gesundheitsöle, Seifen mit Wacholderzusätzen und vieles mehr.
Er dient aber nicht nur als Heilpflanze. Genutzt werden das Holz für die Möbelherstellung. Zudem sind die Beeren ein wichtiger Bestandteil vor allem der mediterannen Küche.
Und nicht zuletzt: im 17. Jahrhundert mischte der hessisch-niederländische Arzt Franciscus Sylvius Wacholderbeeren, Alkohol und weitere Kräuter zu einer Medizin. So heißt es, dass der Genever geboren war, aus dem sich später u.a. der Gin und der Wacholderschnaps entwickeln sollte. Aber andere Quellen verweisen darauf, dass der Genever wie der Wacholderschnaps schon länger vorher als Alkohol getrunken wurde.
Der „Doppelwacholder auf der Route der Industriekultur“
Selbst in die „Route der Industriekultur“ des Ruhrgebiets hat der Wacholderschnaps seinen Weg gefunden. Zur Themenroute „Brot, Korn, Bier“ gehören u.a. die „Wacholderbrennerei Claus“ in Alt-Walsum (heute Teil von Duisburg), wo seit Jahrhunderten das beliebte „Wacholderwasser“ produziert wird (siehe ausführlich hier).
Weiter ist die „Brennerei Eversbusch“ in Hagen-Haspe zu nennen. Sie wurde 1780 gegründet und produziert seit 1817 am historischen Standort ihren bekannten „Eversbusch-Doppelwachholder“. Ich habe mit einem Freund die Möglichkeit bekommen, die Brennerei zu besuchen und dort zu fotografieren.
Mit der Brennerei Eversbusch wird sich dann der zweite Teil dieser Geschichte beschäftigen. 🙂 Klicken Sie hier!
Mehr Bilder des Wacholderbaumes
Quellen
Da dieser Beitrag nach der Wacholder-Blüte entstanden ist, habe ich die Blütenbilder nicht selbst gemacht.
- weibliche Blüte: Susanne Komischke
- männlicher Zapfen: bff – Wikipedia
Links zum Weiterlesen und -sehen
- Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeiner_Wacholder
- SWR: Wacholder vom Aussterben bedroht? 11.2.2019, ARD-Mediathek
- Der Wacholder in der Roten Liste bedrohter Pflanzen
- Wacholder als Heilpflanze – auf www.gesundheitswissen.de
- Youtube: Gewürz und Räucherwerk: Wacholder – Standort, Merkmale, Inhaltsstoffe, Wirkung, Geschichte, Räuchern
- Wacholder in der Lüneburger Heide
- Carola de Marco: Ein stacheliger Geselle in der Westruper Heide (Halterner Jahrbuch 2012)